Es gibt Städte, die leuchten im Herbst. Wenn sich die Sonne golden in den Kanälen und Häuserfronten spiegelt, ist die schönste Zeit, um Venedig zu besuchen. Der sonst so volle Markusplatz atmet Stille. Hätten die Kellner nicht Masken auf, würde man sich in die 1950er-Jahre zurückversetzt fühlen, als Luchino Visconti im Caffè Florian seinen Espresso doppio trank und Touristen nur hin und wieder über den Platz flanierten. Kein Gedränge in den engen Gassen, sogar rund um die Rialto-Brücke lässt sich Social Distancing problemlos einhalten. Es wird viel Deutsch gesprochen, vereinzelt Französisch und dominanter denn je Italienisch. Viele Italiener aus den umliegenden Regionen nutzen die Zeit für einen Kurzurlaub, aber auch Österreicher kommen mit dem Auto in die Lagunenstadt.
Atempause. Covid-19 hat Venedig eine Atempause verschafft – doch viele Venezianer hoffen auf eine rasche Rückkehr des Tourismus. Allerdings eines anderen als bisher: Keine Massen an Tagestouristen mehr, die die Stadt im Wortsinn „überschwemmen“ und zum Abendessen wieder auf die Kreuzfahrtschiffe zurückkehren. Im vergangenen Jahr übernachteten 12,5 Millionen Menschen in Venedig, doch rund 15 bis 16 Millionen schauten nur für einen Tagesausflug vorbei. Jetzt will man neue Zielgruppen ansprechen. Menschen, die in die jahrtausendealte Geschichte eintauchen und bewusst ein paar Tage den Zauber dieser Stadt genießen wollen. Freundlich und zuvorkommend wird man in jedem Geschäft empfangen. „Ja, es war zu viel los vorher“, sagt ein Shop-Betreiber, „aber jetzt ist es eindeutig zu wenig“. Und er freut sich über jeden Besucher in seinem kleinen Laden. Fast überall findet man Platz in den kleinen Trattorien und Caffès, speziell am Markusplatz sind viele Tische leer. Und sie werden es wohl auch noch einige Zeit bleiben.
Fast überall findet man Platz in den kleinen Trattorien und Caffès. Speziell am Markusplatz sind viele Tische leer.
Wenn die Gondeln Trauer tragen. Die Gondolieri sind besonders hart von der Krise getroffen worden, fast alle der mehr als 400 singenden Bootsführer sind arbeitslos. Dafür bemühen sie sich jetzt besonders um die wenigen anwesenden Touristen. Ab 80 Euro ist man für eine kleine Rundfahrt von ca. 30 Minuten dabei. Es zahlt sich aus, die fast leeren Kanäle am Wasser zu durchgleiten und dabei die Atmosphäre der Lagunenstadt besonders intensiv zu erleben. Vor allem, wenn man dann vom Gondoliere einen Tipp für die besten Chiccetti, die venezianische Antwort auf Tapas, bekommt. Die beliebten Häppchen gibt es immer zu Mittag und werden in den Bacari, den Weinstuben, zu einem Glas lokalen Wein gereicht. Die prachtvolle Schönheit der Lagunenstadt einmal ohne Touristenschwärme zu entdecken und dazwischen am Strand des Lido zu relaxen – das hat etwas.
Wer vom Hotel Excelsior über Malamocco bis zum Strand von Alberoni spaziert, erlebt ein anderes, melancholisches Venedig.
Wie lange noch? Wie lange diese ruhigere Phase noch anhält, kann niemand sagen. Vielleicht wird das Frühjahr besser. Empfehlenswert ist eine Reise nach Venedig immer, egal zu welcher Jahreszeit. Wenn man mit dem eigenen Auto anreist, ist ein Aufenthalt am Lido empfehlenswert. Vor allem, wenn man zwischen den Besichtigungen auch mal am Strand entspannen und spazieren gehen mag. Wer vom luxuriösen Hotel Excelsior über Malamocco bis zum Alberoni Beach entlang spazieren möchte, erlebt ein anderes, melancholisches Venedig – und wird den Lido auch in der kälteren Jahreszeit lieben lernen.