Herr Ropac, Sie sind einer der bedeutendsten Galeristen unserer Zeit, vertreten Künstler von Georg Baselitz, Gilbert & George, Anselm Kiefer, Robert Longo bis zu Alex Katz und bestimmen den globalen Kunstbetrieb maßgeblich mit. 2017 haben Sie Ihre fünfte Galerie in London eröffnet. Was treibt Sie an?
Größe ist keine Notwendigkeit ist, es ist eine Möglichkeit. Man wächst dann, wenn man glaubt, dass es der Galerie etwas bringt und dass sich die Künstler angespornt fühlen. Letztendlich ist es ja ein großes Privileg, dass wir Künstlern so nahe sein, deren Wünsche erkennen und ausloten dürfen, um so eine Infrastruktur für sie zu schaffen. Der Kunstmarkt hat sich verändert, die Ansprüche sind gestiegen. Als ich vor 30 Jahren begonnen habe, war die Kunst in ihrem Elfenbeinturm, es war sehr exklusiv und intellektuell abgeschottet. Die Kunstwelt ist im Zentrum des Lebens angekommen und hat heute eine Struktur aufgebaut, die sehr einladend ist. Performance ist ein immer größerer Teil geworden. Das Einbinden des Publikums ist eine ganz starke Entwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und jetzt im 21. Jahrhundert. Die Ansprüche der Künstler und des Publikums haben sich verschoben.
Immer mehr Menschen, vor allem in Ländern wie China, Indien und Russland, haben das nötige Kapital, um Kunst zu kaufen. Sehen viele Kunst auch einfach nur als Investment?
Ja, das gibt’s. Und wenn die Kunst wächst, wächst natürlich auch dieser Teil. Wenn man Biografien großer Galeristen liest, merkt man aber, dass das immer schon der Fall war. Es gibt einfach Künstler in den verschiedenen Jahrhunderten, wenn ich da an Dürer denke, die einfach auch genau wussten, wie sie den Markt ihrer Zeit beeinflussen konnten und wie man Kunst auch attraktiv machen kann, wenn man rein auf eine monetäre Wertsteigerung hinweist. Das ist nicht neu. Künstler bieten Galerien an, ganz nahe an das Werk zu kommen. Man hat das große Privileg, die Kunstwerke vermitteln zu dürfen, Künstler vertrauen sie einem an und darin liegt eine große Verantwortung. Es geht darum, die Kunstwerke bestmöglich zu platzieren.
Wo sieht ein Künstler seine Werke am liebsten?
An erster Stelle im Wunschdenken des Künstlers sind natürlich die großen Museen. Teil meines Erfolgs war es, zu den großen Museen einen guten Kontakt zu haben und unsere Künstler dadurch auch zufrieden zu stellen. Dann gibt es natürlich die Sammler, die Sammlungen einfach aufbauen, genau wissen, wie sie das machen und warum, und manchmal auch, was das langfristige Ziel ihrer Sammlung sein wird. Das sind die idealen Partner, die wir dem Künstler am liebsten vorstellen, die wir in den künstlerischen Kosmos einführen, mit Atelierbesuchen, wo man sehr persönlich sein kann. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der persönliche Kontakt, den man zu Sammlern entwickelt, viel über die Motivation aussagt. Man irrt sich nicht oft. Wir versuchen zu vermeiden, dass es ein reines Investmentvehikel wird. Und wenn sich jemand, aus welchen Gründen auch immer, von einem Kunstwerk trennen muss, ist das kein Drama. Da können wir die Sammler auch begleiten, was wir ständig machen.
Sagen Sie Interessierten auch mal: „Das Werk verkaufen wir nicht an Sie!“?
Ja, klar. Das ist Teil unserer täglichen Arbeit. Wir sind 14 Leute, die verteilt sind auf Salzburg, Paris, London und Hongkong. Und jedes Mal, wenn eine neue Serie in eine Galerie kommt, egal in welcher sie ausgestellt wird, wird das von unseren Mitarbeitern in Hongkong genauso angeboten wie in Salzburg. Da gibt es meist ausführliche Conference-Calls wo diskutiert wird, welchen Sammlern man was anbietet, wo ein Werk ideal wäre, wo wir es auch im Sinne des Künstlers dann platzieren.
Wie legen Sie die Preise der Kunstwerke fest? Hier hängt zum Beispiel ein kleiner Imi Knoebel (Bild unten) für 45.000 Euro. Wie entsteht dieser Preis?
Das hat natürlich bei einem Künstler, der schon sehr prominent ist wie bei Imi Knoebel, eine ganz andere, völlig organische Entwicklung. Meist hat ein Künstler zwei, drei Galerien weltweit, in Amerika, in Europa. Asien wird meist immer noch, was die westlichen Künstler angeht, von den großen amerikanischen und europäischen Galerien mitbetreut. Deswegen war es wichtig für uns, dass wir im Januar 2017 ein Office in Hongkong eröffnet haben. Und da werden dann grundsätzlich die Vorstellungen des Künstlers mit den anderen Galerien, die ein Werk weltweit betreuen, ganz professionell abgeglichen. Da wird der Markt beobachtet, die Nachfrage beobachtet, und da wird darauf geachtet, dass die Preise nicht zu rasch steigen. Wir sind eher die Bremse am Markt, die Auktionshäuser sind die Treiber. Weil wir aus unserer Erfahrung heraus wissen, dass Kunst nur dann für die Museen realistisch ist, wenn sie noch erschwinglich ist. Wenn die Preise zu hoch werden, verlieren wir die wichtigen Partner wie Museen oder die großen Sammler.