Dass sie eine begnadete Künstlerin ist, talentiert, fokussiert, selbstbewusst und zielstrebig, ist die bekannte Seite von Taylor Swift, 34. Sie ist der erfolgreichste weibliche Popstar aller Zeiten. Sie könnte, so wie das viele andere erfolgreiche Persönlichkeiten tun, zu vielem schweigen, nirgends anecken, nur taktische Antworten geben, um möglichst keinen Fan – egal an welchem Ende des politischen Spektrums er sich befindet – vor den Kopf zu stoßen.
Star mit Rückgrat. Doch da gibt es noch die andere Seite von Taylor Swift, die vor allem eines auszeichnet: Sie nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Taylor Swift nennt Ungerechtigkeit öffentlich beim Namen. Sie unterstützt die LGBTQ+-Gemeinschaft und fordert die völlige Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Sie kämpft gegen Rassismus und Diskriminierung. Wo Ungerechtigkeit zum Thema wird, steht sie auf und engagiert sich. Dass sie die #BlackLivesMatter-Bewegung unterstützte, war für sie „selbstverständlich“, sich gegen Polizeigewalt auszusprechen ebenso. Obwohl sie wusste, dass es sie viele Fans kosten könnte, kritisierte sie 2020 öffentlich Präsident Donald Trump und unterstützte den demokratischen Kandidaten Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen. Sie hat auch ihre Fans aufgefordert, wählen zu gehen und ihre Stimme zu nutzen, um Veränderungen herbeizuführen. Sie wurde zum Sprachrohr jener, die selbst keine Stimme haben. Und sie ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man es selbst aus dem kleinsten Kaff in Pennsylvania ganz nach oben schaffen kann. Das ist, was Taylor Swift zum inspirierendsten Menschen des Jahres macht. Nicht ihr phänomenaler Erfolg, nicht ihre vielen Rekorde in der Musikindustrie, die zweifelsohne einmalig sind, sondern ihr soziales, humanitäres und vor allem menschliches Engagement. Und dass sie am Boden geblieben ist. Dass Taylor Swift auch als Philanthropin aktiv ist und große Spenden an verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen leistet, verwundert da nicht weiter. Sie ist ein Role Model für uns alle.
Mit 14 Jahren überzeugte sie ihre Eltern, nach Nashville, Tennessee, zu ziehen, um Country-Sängerin zu werden. Sie trat in Bars und Cafés auf, bekam einen Plattenvertrag und erreichte gleich mit ihrem Debütalbum „Taylor Swift“ Platz 5 der Billboard-Charts. Die Medien stürzten sich auf sie, jeder Schritt ihres Privatlebens wurde verfolgt. Ihre Texte wurden zu einem Ventil für ihre Gefühle und halfen ihr, mit den Höhen und Tiefen ihres Privatlebens umzugehen. Jetzt ist sie ganz oben – und wird dort lange bleiben.
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Oh, mein Gott, ja. Wir irre ist das denn?
Ihr Songwriting hat sehr viel damit zu tun. Wie schreiben Sie, was inspiriert Sie?
Ich visualisiere sehr viel, das war immer ein großer Teil meines Arbeitsprozesses. Ich habe immer sofort überlegt, wie ich den Song auf der Bühne präsentieren könnte. Wie das dazugehörige Video aussehen würde. Und auf halbem Weg zum nächsten Album denke ich schon ans Design. Welche Farben, welche Themen, welche Ästhetik? Was will ich mit dem Album sagen, welche Symbolik soll es haben? Denn schon als ich sehr jung war, wollte ich, dass jedes Album eine eigene Ära repräsentiert.
Als Teenager war ich nicht sehr beliebt und daher einsam. Ich wurde von keinem eingeladen. Songs zu schreiben hat mich gerettet, da konnte ich alle Gefühle rauslassen.
Hatten Sie von Anfang an Mitspracherecht?
Ja, ich habe schon mit 16 meine Videos mitkonzipiert. Ich habe zum Regisseur gesagt: „Hey, ich fände es cool, wenn ich in meinen besten Schulfreund verliebt bin, der aber mit einer Cheerleaderin zusammen ist. Aber dann ist da das Football-Match, und er wird auf mich aufmerksam.“ So habe ich langsam, aber stetig immer mehr Verantwortung übernommen. Und je mehr Verantwortung ich hatte, desto glücklicher war ich. Und jetzt bin ich hier.
Wann haben Sie begonnen, Songs zu schreiben?
Ich war 12, nicht sehr beliebt, und daher sehr einsam. Ich wurde von keinem eingeladen, war nicht auf Partys von Schulfreunden. Songs zu schreiben hat mich gerettet, denn damit konnte ich alle Gefühle rauslassen. Ich schreibe bis heute Songs aus reinem Selbstverständnis, um meine eigenen Gefühle zu verstehen.
Wussten Sie immer, was Sie wollten?
Sängerin zu werden war keine bewusste Entscheidung, es war unvermeidbar. Ich wusste immer, dass ich das wollte, dass es gar keine andere Option gab. Meine Eltern haben Videos von mir, in denen ich mit drei Jahren, nachdem wir uns „Lion King“ ansahen, auf dem Rücksitz im Auto alle Songs nachsinge. Meine Eltern sind ausgeflippt, denn welche Dreijährige hat so ein Gedächtnis? Und wenn mir ein paar Worte fehlten, habe ich sie erfunden. Mit 11 war ich besessen von der Idee, nach Nashville zu gehen, weil ich eine Doku über Faith Hill sah. Meine Eltern gaben nach, als ich 14 war, zogen wir hin und ich marschierte mit einer CD von Karaoke-Songs zu jeder Plattenfirma. Aber erst als ich meine eigenen Songs zu schreiben begann, öffneten sich die Türen.
Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrer Familie?
Wir sind sehr eng, meine Eltern, mein jüngerer Bruder und ich. Sie sind ja auch die einzigen, deren Meinung letztlich zählt. Sie sind die einzigen Menschen, die mir die Wahrheit sagen, und auch wenn ich sie vielleicht nicht hören will, sind sie auch die einzigen, die ich ja wohl schlecht feuern kann!
Sie haben einige Filmsongs geschrieben und sich auch als Schauspielerin versucht. Welche Filme haben Sie inspiriert?
Das hat sich über die Jahre natürlich geändert. Das Album „1989“ war sehr von John-Hughes-Filmen wie „Der Breakfast Club“ und „Das darf man nur als Erwachsener“ inspiriert. Während der Pandemie habe ich mir dauernd Filme von Guillermo del Toro angeschaut, „Das Rückgrat des Teufels“ und „Pans Labyrinth“. Dadurch wurde meine gesamte Welt von Fabeln und mystischen Wesen durchtränkt. „Das Flüstern des Wassers” ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Und danach schaute ich mir „Das Fenster zum Hof“ an, das ich nie gesehen hatte, was eine Schande ist.
Das alles beeinflusst Ihre Musik und Ihre Hits?
Das alles, die Kombination
aus diesen Filmen, hat meine Alben beeinflusst. In den 1970ern gab es diese romantischen Filme, wo zwei Menschen scheinbar so perfekt miteinander verwoben sind, und auf einmal bricht alles auseinander. Ich rede von „Love Story“, „So wie wir waren“ und „Kramer gegen Kramer“. Die haben mich tief getroffen. Und das hat sich in meinem Songwriting niedergeschlagen. Nach „Marriage Story“ ging es mir monatelang nicht gut. Da war viel an gebrochenem Herzen und Verzweiflung dabei.
Also nicht alle Ihre Songs sind von Boyfriends inspiriert?
Ex-Boyfriends (lacht)!
Warum sind Ihre Tourneen so ein gigantischer Erfolg?
Ich versuche auf der Bühne die gleiche Emotion zu spüren, die ich hatte, als ich den jeweiligen Song schrieb. Einsamkeit, unglückliche Liebe, neue Verliebtheit oder einfach nur eine gute Zeit mit guten Freunden.
Es gibt jede Menge Stars, aber kaum jemand, der so einen Fan-Hype auslöst. Ich bin einfach nur dankbar. Dankbar, dass ich offenbar etwas richtig mache, dass meine Songs, meine Musik, meine Texte bei den Fans ankommen. Was mich überrascht, ist, dass ganz junge Mädchen auf einmal meine alten Alben entdecken. Dann bringt mich das dazu, solche alten Songs neu zu entdecken und in meine Konzerte aufzunehmen.
Aus „All Too Well“ haben Sie einen Kurzfilm gemacht, bei dem Sie auch selbst Regie führten. Ist das etwas, das Sie interessiert?
Ja, und ich hatte Angst, dass alle mit den Augen rollen würden … schon wieder eine Filmemacherin! Aber wir haben inzwischen so viele Beispiele von weiblichen Regisseuren, die mir und anderen den Weg geebnet haben. Ich denke da an Nora Ephron, an Chloe Zhao, an Greta Gerwig. Lena Dunham ist eine gute Freundin, die ich immer um Rat fragen kann.
Welche Genres interessieren Sie?
Ich würde gern eine schräge Komödie machen, ein bisschen weggehen von den gebrochenen Herzen, die einen halb umbringen. Es gibt so viele herzzerreißende Erfahrungen, die man als junger Mensch macht, die einen jahrelang beschäftigen und die dich emotional fertigmachen. Dann musst du aus den Wunden Narben machen, zu einer Schreibmaschine hinken und einen Roman schreiben. Und das zerfleischt dich. Ich habe das jahrelang gemacht, das ist anstrengend. Um die Frage zu beantworten: Ja, ich würde gern Regie führen und Filme machen, aber meine Musikkarriere steht an erster Stelle, denn Songwriting ist meine große Liebe.
Ich habe mehr Gitarren und Saiteninstrumente als Schuhe. Meine kleinste, Baby Taylor, haben meine Freunde Ed Sheehan und Bruce Springsteen signiert.
Wie viele Gitarren besitzen Sie?
Nicht so viele wie andere Kollegen, aber ich habe sicher 30 oder so. Elektrische, akustische, 12-Saiter, und da zähle ich noch gar nicht die Banjos und Ukuleles mit. Oder die Mandolinen. Ich kann nur sagen: Ich habe mehr Saiteninstrumente als Schuhe!
Haben Sie nicht eine Gitarre, die Sie „Baby Taylor“ genannt haben?
Ja, weil sie so klein ist, dass ich sie überallhin mitnehmen kann. Die habe ich auch im Auto, weil vielleicht habe ich ja eine Idee für einen neuen Song. Und meine Freunde haben sie signiert: Ed Sheeran und Bruce Springsteen. Sie ist sehr alt, hat kleine Brüche und Kratzer, weil ich sie überall mit mir rumschleppe. Aber ich liebe sie.