Sind Stars wie Eric Bana, der z. B. in Steven Spielbergs „München“ brillierte, am Set mühsam?
Nein. Die waren alle angenehm. Am ehesten brauchte noch Sissy Spacek Zeit, um Vertrauen aufzubauen und sicher zu sein, dass ich weiß, was ich tue. Aber es waren alle immer sehr professionell; es war auch eine gute Dynamik am Set, weil sich jeder respektierte. Aber ob sie Amerikaner oder Europäer, Superstars oder Neulinge sind: Es gibt immer solche mit professioneller Arbeitseinstellung und jene ohne. Wenn ein Schauspieler das Gefühl hat, er ist in guten Händen, dann ist es immer leichter. Wenn du als Schauspieler das Gefühl hast, der Film wird ein Desaster, dann fängst du eher an, 13 violette Handtücher zu fordern und Stress zu machen.
Haben Sie schon Schauspieler am Set gefeuert?
Schauspieler nicht, Mitarbeiter schon. Es gibt eine Hollywood-Regel, dass man am ersten Tag jemanden feuern sollte. Ich habe das ein-, zweimal gemacht. Das macht schon Sinn. Du hast manchmal von Anfang an das Gefühl, das wird nichts, also musst du es ändern, sonst ärgerst du dich zwei Monate lang.
Sie werden von der United Talent Agency, einer der drei großen Hollywood-Agenturen, vertreten. Steht und fällt ein Projekt in Hollywood mit der Zusage eines Stars?
Ja. Es gibt natürlich auch Projekte, die nicht Star-driven sind, aber in der Regel ist es so. Gerade bei Independent-Produktionen braucht man unwahrscheinlich große Stars, um unwahrscheinlich kleine Budgets zusammenzubekommen. Ich habe einmal ein Projekt versucht, das ein typischer Arthouse-Film gewesen wäre. Tilda Swinton hatte fix zugesagt, aber selbst das wäre nicht genug gewesen. Wenn du einen Film frei finanzieren willst, brauchst du mehrere Stars. Wenn das Studio sagt, wir haben da einen Bestseller wie „Twilight“, dann geht es einfacher.
Sie planten ja Projekte wie „Young Stalin“ oder „The Kitchenboy“. Wie lange hat man diese Filme in Planung?
Endlos. Gerade diese zwei sind Karteileichen. „The Kitchenboy“ wäre der Film mit Tilda Swinton gewesen. Bei „Young Stalin“ würde ich mich sehr freuen, wenn das noch einmal zurückkäme. Da gab es auch Diskussionen, und ich hatte Tom Hardy vorgeschlagen – der war damals noch kein Star. Wenn man den genommen hätte, hätten wir einen großen Star gehabt, sobald der Film fertig geworden wäre, aber das weißt du im Vorhinein ja nicht. Bei „Deadfall“ mit Olivia Wilde galt es als hundertprozentig sicher, dass sie der nächste Superstar wird. Dann haben zwei Blockbuster mit ihr nicht funktioniert – „Cowboys and Aliens“ und „Tron: Legacy“ – und dann war es das mit dem Superstar. Bei einem anderen Film hatten wir einen jungen australischen Schauspieler, der aber noch nichts gemacht hatte und auch nicht bereit war, zum Casting zu kommen. Deshalb sagten wir: „Tja, dann tut es uns leid.“ Sein Name war Chris Hemsworth. Man weiß es eben nie.
Sie haben sich in Filmen immer wieder mit den Abgründen der menschlichen Seele auseinandergesetzt, wie in „Das radikal Böse“, einer Dokumentation über junge Männer in deutschen Einsatzgruppen während des Zweiten Weltkriegs, die Millionen Menschen ermordet haben. Was fasziniert Sie an solchen Themen?
Bei „Das radikal Böse“ war es weniger die Geschichtsaufarbeitung, sondern dass du als Geschichtenerzähler etwas darüber lernst, wie Menschen funktionieren. Da ging es sehr um Konformitätsdruck.
War das für Sie persönlich erschreckend?
Ja, schon. Ich muss trotzdem sagen, dass ich dennoch ein unverbesserlicher Menschenfreund bin – gerade im Gegensatz zu Kollegen aus diesem Lande. Und ich bin auch ein Optimist. Ich sehe, wie Menschen schreckliche Dinge tun, aber ich glaube, dass es nicht einfach eine Niedertracht ist, sondern dass es historische, psychologische Gründe gibt. Das relativiert das Böse nicht, aber man versteht es und kann vorbeugen.
Kann man den Holocaust nach so einer Doku tatsächlich mehr verstehen?
Doch, schon. Ich finde, es ist auch unsere Pflicht als Bürger und als politisch denkende Menschen, dass man erkennt: Was sind die Tendenzen, die dorthin führen? Es gibt in der Wissenschaft einen Kriterienkatalog für Genozide. Wenn ein solcher im Entstehen ist, ist der erste Schritt immer Rassismus: das Denken, es gibt eine Menschengruppe, die weniger wert ist, die genetisch disponiert ist, schreckliche Dinge zu tun. Bei uns sind das gerade die Afghanen. Das heißt nicht, dass diese Form des Rassismus immer zu einem Genozid führen kann, aber jeder Genozid fängt damit an. Im zweiten Schritt wird dieser Rassismus dann in Gesetze und Regeln gefasst: Die Menschen dürfen nicht mehr dieses und jenes, dürfen nicht mehr raus, müssen eingesperrt werden, dürfen ein Freibad nicht besuchen, müssen zwangsweise nach Mauthausen gehen. Das sind Mechanismen, gegen die man kämpfen muss.
Sie haben selbst einen afghanischen Flüchtling bei sich aufgenommen.
Ja, er ist jetzt dreieinhalb Jahre bei uns.
Wollten Sie bewusst ein Zeichen setzen?
Ein Zeichen setzen ist wahrscheinlich zu viel gesagt. Wir haben das ja nicht groß über die Medien gespielt. Wenn mich jemand fragt, berichte ich gerne darüber, weil ich es wichtig finde, zu zeigen, dass es auch etwas anderes gibt als das, was man in den Boulevardmedien ständig liest. Masud lebt seit dreieinhalb Jahren bei uns, er ist ein Familienmitglied geworden. Da ist man dann schon sensibilisiert, wenn man sieht, wie Politik vonseiten gewisser Medien und Politiker gemacht wird. Die muslimischen Flüchtlinge aus einem anderen Kulturkreis, die „hinter jedem Eck mit einem Messer lauern“, ziehen immer noch. Dass Bürger aus Ex-Jugoslawien in der Kriminalitätsstatistik ganz weit oben sind, interessiert niemanden. Denn das passt nicht in die Politik unserer Regierung und verkauft sich nicht so gut in den Zeitungen.
Wie leben junge Flüchtlinge in Österreich?
Unter ihnen sind viele junge Männer, die sich hier zurechtfinden müssen. Sie wurden aus ihrem sozialen Umfeld gerissen, es gibt keine Eltern, die ihnen sagen, was sie vielleicht lieber nicht tun sollen. Viele haben Probleme, mit Alkohol umzugehen, weil sie das nicht kennen. Jemandem helfen, sich hier zurechtzufinden, ist wichtig. Masud macht eine Lehre und wird bald 21.
Wie kam er zu Ihnen?
In Klosterneuburg gab es ein Erstaufnahmelager und eine Initiative, die Deutschkurse machte. Ich hatte damals das Gefühl, dass die staatlichen Institutionen damit nicht fertigwerden und dass man als Bürger helfen sollte. Also habe ich dann zweimal die Woche einen Deutschkurs für die Flüchtlinge abgehalten. Dort habe ich Masud kennengelernt, und dann haben wir im Familienrat beschlossen, ihn bei uns aufzunehmen. Wir haben das alle als etwas Bereicherndes aufgefasst. Es gibt aber natürlich auch genug Geschichten, wo das nicht funktioniert hat. Unsere älteste Tochter, die jetzt 22 wird, war gerade ausgezogen, und so wurde ein Zimmer frei.
Als der Flüchtlingsstrom begann, habe ich im Erstaufnahmelager Klosterneuburg zweimal die Woche einen Deutschkurs abgehalten. Dort traf ich Masud aus Afghanistan – seit drei Jahren lebt er nun bei uns.
Wie sieht Masuds Leben aus?
Er macht jetzt seine Lehre, spielt Fußball und übernachtet am Wochenende oft bei Freunden. Ein ganz normaler Halbwüchsiger.
Fehlt es den Österreichern an Courage? Was Sie tun, machen ja nicht viele.
Bei uns hat es damals gerade gut gepasst, wir hatten nie das Gefühl, etwas zu opfern. Ganz generell ist es, glaube ich, auch Teil meines beruflichen Erfolges, dass ich ständig versuche, mich auf Neues einzulassen.
Wie geht es Ihnen dann mit einer solchen Regierung und einem Innenminister Kickl? Ist das nicht eine Albtraumvorstellung?
Ja, ist es. Ich fand es gut, dass Kurz als Staatssekretär gesagt hat: „Liebe Migranten, wir bieten euch viel, verlangen aber auch einiges von euch.“ Das finde ich sehr legitim. Aber was jetzt passiert, dass man Prügelknaben sucht, damit Politik macht und Wählerstimmen dadurch kriegt –
das ist schon traurig.
Sind Sie in einer solchen Phase noch stolz darauf, Österreicher zu sein?
Es fällt schwerer. Das ist so. Gerade damals, als diese Flüchtlingswelle kam, was eine einmalige Sache war, dass Hunderttausende Menschen durch Europa irrten, haben ein paar der reichsten europäischen Länder gesagt: „Okay, wir nehmen euch auf.“ Und haben aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass wenige nachkommen. In dieser Notsituation war es das Richtige. Ich fand diese Hilfsbereitschaft damals toll. Aber auf der anderen Seite war das für andere Kräfte ein gefundenes Fressen. Und ich war überrascht, wie da plötzlich ganz archaische Instinkte aufkamen: „Fremde, die unsere Frauen rauben“ und so. Das funktioniert leider bis heute.
Was würden Sie einem Innenminister Kickl gerne sagen?
Ich habe ein prinzipielles Problem mit der FPÖ und ihren Vertretern. Sie sind meiner Meinung nach zu nahe an einem nationalsozialistischen Gedankengut. Ich kann eine Regierung, in der FPÖ-Minister sitzen, moralisch nicht ernst nehmen.
Sind Sie von Kanzler Kurz enttäuscht?
Ja, schon ein bisschen. Ich sehe, dass es funktioniert, von der Mechanik der Macht ist das geschickt. Aber man muss schon dagegenhalten, zumindest inhaltlich.
Wie sieht dies der Regisseur: ein Vizekanzler, der als Oppositionspolitiker gebellt hat und plötzlich handzahm ist, ein keifender Innenminister, ein schweigender Kanzler. Eine gute Inszenierung?
Eine effektive Inszenierung, würde ich sagen. Auf meiner Facebook-Timeline las ich gerade von zwei Kindern aus Georgien, die seit 10 Jahren in Österreich sind und jetzt abgeschoben werden sollen. Was überbleibt beim Publikum, ist: Diese Regierung ist hart zu Ausländern.