Sie verkaufen Sportalm in mehr als 20 Länder der Welt, wo liegt Ihr entferntester Shop?
In Kamtschatka (eine Halbinsel in Nordostasien, Anm.) eröffnen wir demnächst einen Store, das ist noch Russland, aber östlicher als Japan. Wir haben keinen Franchise-Vertrag, den wir aus der Schublade ziehen, bei uns ist alles sehr individuell. Im Prinzip ist Sportalm aber wie ein Franchise-Unternehmen.
Wie schwierig ist es, sich in Zeiten der Digitalisierung als Familienunternehmen gegen große Modeketten zu behaupten?
Es wird definitiv herausfordernder, weil die Konkurrenz ist massiv und es gibt einen Frequenzrückgang im Handel. Das stationäre Geschäft kommt spürbar unter Druck. Wir sind zwar als Familienunternehmen sehr gesund und mit einer 70-prozentigen Eigenkapitalquote ausgestattet, aber so viel Geld in ein Online-Business stecken, wie es die Big Player machen, da können wir nicht mithalten. Manchmal wird man links oder rechts von Investoren überholt, die alles aufkaufen. Ob das ein gesundes Wachstum ist oder eines, das man sich mit viel Getöse erkauft hat, sei dahingestellt. Wir haben gelernt, dass es besser ist, mit kleinen und gesunden Schritten zu wachsen, weil dann kann uns eine Russlandkrise, die uns schwer geschadet hat, künftig nicht mehr aus der Bahn werfen.
Kaufen Sie selber online ein?
Ich verweigere mich ein bisschen, gezielt, was Amazon betrifft. Im Büro bestellen wir nichts bei Amazon. Ich bin schon etwas altmodischer eingestellt und ein haptischer Typ. Ich versuche einfach den stationären Handel zu unterstützen, insbesondere Spezialisten, die nicht in der Lage wären, gegen die Großen anzutreten. Sie muss man hegen und pflegen.
Ich hatte als Kind schon das Bewusstsein, dass alles, was passiert, einen Sinn hat. Auch der frühe Tod meines Mannes. Ich habe gelernt: Er war fertig, ein fertiger Mensch.
Immer mehr Medien wie Landlust haben hohe Verkaufszahlen. Spüren Sie ein Trachten-Revival, zurück zum Ursprünglichen und dem Wunsch nach Authentizität?
Absolut. Einerseits bei den Leuten meiner Generation, die ein bisschen nach Halt suchen in einer sich permanent verändernden Welt und auf Bewährtes setzen. Andererseits suchen die Jungen verstärkt nach Authentischem und entwickeln ein Bewusstsein für Qualität. Heutzutage ist Mode ein Konsumartikel und Shoppen ein Erlebnis. Einerseits ist es gut, wenn die Mode demokratisiert wird, andererseits geht damit auch ein Werteverfall einher. Manche verlieren dann das Gespür dafür, warum eine Jacke 300 Euro kosten kann. Aber so wie jeder Trend ruft er auch einen Gegentrend hervor. Diese digitale Generation entwickelt sich ja zum Teil zu richtigen Konsumverweigerern. Und die kann man packen und ihnen sagen: „Dieses Produkt ist in Europa hergestellt, aus europäischen Materialien, von einem Familienbetrieb.“ Das sind Werte, die man emotionalisieren kann und wo man auch Verständnis erwecken kann, warum etwas so viel kostet, wie es kostet.
„Jede Firma“, sagt FUTURE-Gründer und Leadership Experte Wolfgang Stabentheiner, „ist ein eigenes Wesen.“ Inwiefern ist bei Sportalm der Standort Kitzbühel wichtig, damit sich dieses „Wesen“ entwickeln konnte?
Ich glaube, das ist eine sich befruchtende Verbindung. Wie wir genau nach Kitzbühel gekommen sind, kann ich gar nicht sagen. Wir haben als Strickerei begonnen, was gut in die Gegend passt, aber mit Skimode, dem Dirndl und der sportiven Mode passen wir einfach perfekt in die Stadt. Kitzbühel steht für all das: für das Heimatgefühl, für Sport und Glamour. Das sind alles positive Assoziationen, die auf die Marke einzahlen. Umgekehrt sind wir mittlerweile ein wertvoller weltweiter Botschafter geworden. Als wir vor 20 Jahren begonnen haben, in Russland Skimode zu verkaufen, hat kein Mensch Kitzbühel gekannt. Heute ruft es Sehnsüchte hervor. Viele andere Marken sind an Orten beheimatet, die niemanden interessieren.
Wie wichtig ist dieses Österreich-Image im Ausland für die Mode?
Wichtig. Vor vier Jahren haben wir begonnen, den amerikanischen Markt mit Skimode zu bearbeiten und auf wichtige Messen zu fahren. Dort haben wir uns von Anfang an als die „Austrian Luxury Brand“ vermarktet. Es gibt andere, die haben dort vielleicht 100 m2 mehr Standplatz und sind vielleicht professioneller, aber wir kommen mit unserem österreichischen Charme, mit Schnaps und mit Manner-Schnitten, und die Leute schätzen das.
Große Modemarken wie Zara oder H&M wechseln monatlich oder in noch kürzeren Zeiträumen ihr Sortiment. Da kann man als Fashion-Unternehmen kaum mithalten. Wie orientieren Sie sich als Designerin?
Man muss einzigartig sein: ohne eigene Handschrift könnte man wirklich bei Zara einkaufen. Ich brauche meine Einzigartigkeit, aber ich muss mich auch an den Trends orientieren. Und dann ist es die Kunst, aus den vorgegebenen Trends das Richtige für die Marke herauszufiltern. Wir sind in einem etwas adaptieren Rhythmus, da wir statt zwei Kollektionen vier haben. Aber wie alle hochwertigen Marken sind wir in einem klassischen Vororder-Rhythmus, wo wir eine Kollektion machen, die dem Vertrieb zeigen, und dann wird produziert. Das ginge nur, wenn man diese Ebene ausschaltet, wenn man das direkt macht und ins Geschäft liefert. Der Zeitraum, in dem unsere Kunden bestellen, ist so lange, da haben die anderen bereits zwei Kollektionen gemacht. Burberry ist ja mit dem „See now – buy now“-Prinzip vor ein paar Saisonen angetreten, das hat nicht funktioniert. Wenn man mit italienischen Werbern zusammenarbeiten will, ticken die Uhren noch alle ein wenig anders. Wir sind einfach von den Zulieferern noch zu sehr abhängig. Die Geschichte mit dem Abverkauf schmerzt mehr, wenn eine Kollektion minus 70 % verkauft wird, zu einem Zeitpunkt, der völlig krank ist. Wenn Ende Mai schon der Sommerschlussverkauf beginnt und es so wie heuer im Juni, Juli etc. so heiß war, dann sagen die Leute: „Seid ihr verrückt, dass ihr uns die Kaschmirpullover jetzt verkaufen wollt?“ Und die Verkäufer sagen: „Für ein Sommerkleid hätten Sie im Februar zugreifen müssen.“
Sie gelten als Mensch, der auf innere Werte setzt. Wie wichtig ist Ihnen persönlich Mode?
Ganz wichtig von Berufswegen her, aber es ist ja auch eine Form von Ausdruck meiner Person, meiner Stimmung, es hat eine Signalwirkung. Es hat das ja immer gegeben: durch Schmuck, durch Kleidung, durch Haare wollten sich die Menschen ausdrücken. Es wird hoffentlich ein anderes Bewusstsein entstehen, das wieder ein qualitativeres Denken beinhaltet. Auch indem ich es verweigere und überhaupt nichts mit Mode am Hut haben möchte, sende ich ja ein deutliches Signal aus.
Bei der Marke Sportalm merkt man, dass dahinter ein geerdeter Mensch steht. Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Mich macht eine unzerstörbare Lebensfreude aus.
Wie ist diese entstanden?
Sie ist gottgegeben. Ich hatte als Kind schon das Bewusstsein, dass alles, was passiert, einen Sinn hat. Dann kann man die Dinge auch leichter annehmen. Eine Astrologin hat mir gesagt, dass ich in einem Zeichen geboren wurde, das man früher das „große Glück“ nannte. Ich bin ein Glückskind und als solches habe ich mich immer gefühlt. Es gibt ja jetzt das herrliche Wort Resilienz und viele versuchen sich dorthin zu entwickeln, was sicher auch möglich ist. Aber ich glaube auch, dass man viel Veranlagung dazu braucht.
Was ist Glück für Sie?
Glück ist für mich, hier in Kitzbühel zu sitzen, in diesem Land geboren zu sein, hier leben zu dürfen, fünf gesunde Kinder zu haben. Natürlich ist Glück meist ein flüchtiger Moment, aber Glück ist in mir auch ganz tief verankert. Es ist nicht immer alles perfekt, aber über allem ist da dieses ganz große Wissen, wie viel Glück ich im Leben habe.
Wenn Sie sagen: „Alles im Leben hat einen Sinn“: Sind das Werte, die Ihnen schon Ihre Eltern mitgegeben haben?
Mein Vater ist auch ein Mensch, der ganz klar an Bestimmung im Leben glaubt. So hat mich das sicher geprägt. Als ich mit 22 Jahren einen schweren Autounfall hatte, hat sich mir sofort die Frage gestellt, die mich dann auf diese wunderbare Sinnsuche gebracht hat: Warum ist mir das jetzt passiert? Das war nicht nur ein Hase, der über die Autobahn gelaufen ist. Das Leben will mir irgendetwas sagen.
Was hat dieser Unfall in Ihnen ausgelöst?
Ich bin zu einer Astrologin und habe mir mein Horoskop erstellen lassen. Und es war schnell klar, dass ich einfach auf dem falschen Weg war. Da gibt es ja das Buch von Ruediger Dahlke, „Krankheit als Weg“, wo das genauso drinnen steht: Wenn jemand einen Autounfall hat, dann ist der Mensch aus der Spur. So hat es mich auch aus der Spur katapultiert. Ich war im Modus „Mir gehört die Welt“ – dann bekam ich eine Lektion erteilt.