Wurden Sie mit Medikamenten behandelt?
Nein, das wollte ich nie, wobei das vielleicht nicht ganz klug von mir war. Ich hatte so Angst vor Medikamenten, weil es auch meine Erziehung war, keine Medikamente zu nehmen.
Wie haben Sie Ihren Job damals überhaupt machen können?
Vieles konnte ich nicht machen.
Die Depression kam immer wieder wie eine psychische Lähmung. Du kannst nicht mal mehr die Oberlippe heben. Ich bin noch nicht lange raus.
Hat Ihr Umfeld mitbekommen, wie schlecht es Ihnen geht?
Nur das ganz enge Umfeld. Meine Disziplin hätte es gar nicht zugelassen, dass ich das zeige, weil es Schwäche ist – was Unsinn ist.
Wie oft hatten Sie solche Phasen, in welchen Intervallen ist dieses „schwarze Tier“ gekommen? Ging das über ein, zwei, fünf Jahre?
Nein, viel länger! Wie gesagt, die Abstände werden sehr viel größer. Aber es war viel länger.
Lernt man irgendwann damit umzugehen?
Du lernst damit umzugehen, in dem du dir erlaubst zu sagen: „Okay, ich habe mit Georg um 19 Uhr eine Verabredung“, du merkst aber um 18 Uhr: „Scheiße, das geht nicht!“ Du lernst zu sagen: „Georg, das müssen wir verschieben.“ Das lernst du dir zu gönnen. Am Anfang – gerade in meiner Branche – musst du ganz viel erfinden, das war extrem. Aber das ist wichtiger Teil der Selbsttherapie. Nicht irgendwohin gehen und mit der furchtbar verzweifelten, verzerrten Fratze dazusitzen und vorzugeben, alles sei gut. Das ist fast wie eine Vergewaltigung, sich als Depressiver wohin zu setzen und an Gesprächen teilzunehmen, bei denen du deine eigene Stimme nicht mehr hörst. Und auch zum Vater meines Sohnes musste ich lernen Nein zu sagen, das war ganz wichtig. Ich kenne keinen schöneren Menschen als ihn, und wenn ich an Bestimmung glauben würde, dann habe ich gewonnen, dass er in meinem Leben der Vater meines Kindes ist. Es war so ein Glück, ihn zu haben, und deswegen ist dieser Bund so stark zwischen uns beiden, der ist nicht zu trennen. Man kann sich entscheiden, kein Liebespaar mehr zu sein, aber trotzdem ist er der Mensch, der mir nach meinen Kindern am allerwichtigsten ist.
Wie sind die Männer danach mit dieser Tatsache umgegangen? Ihr heutiger Freund ist 15 Jahre jünger als Sie, Sie haben ihn in Mallorca kennengelernt. Kann er damit umgehen, dass es einen wichtigeren Mann in Ihrem Leben gibt?
Ja, das weiß er. Klaus ist die größte Liebe meines Lebens.
Aber Sie sind als Paar gescheitert. Warum?
Als Paar sind wir gescheitert. Ich glaube, durch die Umstände. Wir sind irgendwann mal voreinander gesessen und haben gesagt: „Okay, wir lieben uns nur mehr wie Bruder und Schwester.“ Es ist kein Eklat passiert, da hat niemand den anderen hintergangen, belogen, nichts dergleichen ist passiert. Wir sind dagesessen, denn wir haben wirklich gemeinsam ganz schön was durchgemacht. Wir haben uns oft gemeinsam in den Schlaf geweint. Das verbindet sehr. Aber als Paar sind wir gescheitert.
Die Liebe starb?
Ja. Wenn die Liebe zwischen Mann und Frau mit all dem, was dazugehört, scheitert, ist es irreparabel.
War es schwer, die Depression, die Sie dann jahrelang begleitet hat, vor der Öffentlichkeit geheim zu halten? Es hat ja niemand mitbekommen.
Das war ganz schwer. Vor allem da Depression, die du nicht zulässt, sich ja auch in Aggression wandeln kann.
Hatten Sie solche Phasen?
Nicht lange, aber ich hatte sie auch. Du wirst aggressiv gegen dich selbst, du nimmst das ja nicht an. Ich hatte das aber nicht lange, dazu hatte ich gar nicht die Kraft. Ich habe so oft keinen Platz zum Weinen gehabt! Ich habe mich so oft in Toiletten eingesperrt und geweint, weil so ein Druck in dir entsteht, und du weißt, du bist alleine, wenn du jetzt nach Hause fliegst. Und du musst jetzt durchhalten, gleich bist du in deinen vier Wänden und darfst endlich die Maske fallen lassen. Ich habe oft wirklich einen Platz zum Weinen gesucht. Du willst ja nicht im Flugzeug sitzen und Weinkrämpfe haben.
Ich kenne keinen schöneren Menschen als den Vater meines Kindes. Er ist die Liebe meines Lebens, auch wenn wir als paar gescheitert sind. Es war damals so ein glück, ihn an meiner Seite zu haben, deswegen ist dieser Bund so stark zwischen uns.
Hatten Sie Therapeuten, die Ihnen geholfen haben?
Doch, aber ich habe sie erst angelogen. Nach dem Motto: „So schlecht geht’s mir gar nicht, aber hilf mir trotzdem!“ Da sind ganz komische Sachen abgelaufen. Das machte wenig Sinn. In meinem Leben haben mich wenig Menschen weinen sehen – weil ich das als
Kind nicht gelernt hab. Ich hatte durch meine Ausbildung auch immer sehr viel Disziplin. Aber das ist auch schön, wenn du vor einem Mann weinen kannst, ohne dass du dich zu schwach fühlst.
Sie sind 1999 rund um die Geburt Ihres Sohnes nach Mallorca gezogen. War vielleicht mit ein Grund auch die Möglichkeit, hier leichter Ihre Probleme verbergen zu können?
Klar. Bei aller Dankbarkeit, die mir mein Beruf geschenkt hat, gibt es nichts Schöneres als die Anonymität. Ich mag es, wenn man mich hier nicht kennt. Ich mag nicht gleich bewertet werden.
Ihr Vater ist gestorben, als Sie sehr jung waren?
Ich war 14 Jahre alt, als er starb. Das Herz.
Das muss ein enormer Schock gewesen sein.
Ja, für alle von uns war das ein enormer Verlust. Wir waren sehr eng.
Nach dem Tod Ihres Vaters musste Ihre Mutter die Familie erhalten, was sicher nicht einfach war.
Nein. Verzicht und Disziplin haben mein ganzes Leben begleitet. Deswegen war es für mich noch nie schwer, das Leben auf einer normalen Flamme zu halten.
Können Sie mit Geld umgehen?
Ich glaube ja. Ich liebe schöne Dinge, aber sie sind mir nicht wichtig. Und genau dieser Spagat, dass ich sie liebe, sie aber nicht wichtig sind, hat mich immer gut haushalten lassen.
Sie haben selbst eine psychotherapeutische Ausbildung gemacht. War das der Versuch, sich selbst aus der Dunkelheit zu befreien?
Definitiv. 2008 wurde es wieder dunkler, und dann habe ich gesagt, ich suche mir jemanden hier auf Mallorca und mache eine Ausbildung.
Steht man da teilweise vor den eigenen Abgründen?
Du findest dich überall wieder, mal mehr, mal weniger. Es war eine Reise, die ich nicht empfehlen kann.
Hat es Ihnen Einblicke in sich selbst eröffnet, die Sie vielleicht gar nicht haben wollten?
Mit dem Einblick kam die Orientierungslosigkeit. Der Therapeut hat ja eine ganz wichtige Funktion bei dem, was du da ausspuckst. Bei deiner Ausbildung gibt es aber eine Endlosschleife, wo du Wortbilder brauchst, und du findest diese Bilder nicht. So kannst du sie nicht einsortieren. Und wenn du so etwas in einem Alleingang machst, kann ich das niemanden empfehlen. Du brauchst jemanden von außen, der dich korrigiert.
Dann haben Sie mit Yoga begonnen?
Ja, das tat mir gut, Yoga kann ich wärmstens empfehlen.
Meditieren Sie manchmal?
Ja. Ich mache auch Atemübungen. Am Strand, zu Hause, ich kann es auch im Flugzeug.
Sie sagten mal in einem Interview, dass Ihr Sohn eigentlich zwei Väter hat: seinen leiblichen Vater, Klaus Eggenfellner, und den Schauspieler Jochen Nickel, mit dem Sie zehn Jahre liiert waren. Wie schwierig war es für ihn, als auch der „zweite Vater“ plötzlich physisch nicht mehr da war?
Mein Sohn war damals 14, und wir haben ihm ein Jahr davor gesagt, dass wir uns trennen werden. Wir hatten also eine lange Phase des Abschieds. Die Konstellationen sind natürlich ein bisschen verrückt bei uns, weil ich heut mit Jochen genauso noch befreundet bin wie Jochen auch mit Klaus, dem Vater meines Sohnes. Die Männer verstehen sich alle untereinander fantastisch.
Wie geht denn Ihr Freund Daniel damit um?
Fantastisch. Wir haben alle Probleme, die andere Familien auch haben, nur dieses eine nicht. Der Grund ist vielleicht auch, dass die Trennungen nie hässlich wurden. Auch dass man nie den Respekt verliert, ist sehr wichtig. Daniel und ich leben zusammen. Auch während „Let’s Dance“ flog ich nur zu den Shows ein. Ich habe ja mein Restaurant hier und bin froh, dass ich den Tanzunterricht in Mallorca nehmen durfte, weil ich sonst nicht hätte teilnehmen können. Daniel sieht das alles ganz entspannt. Er kennt es ja nicht anders.