Sonja Kirchberger gehört zu den bekanntesten Schauspielerinnen der deutschsprachigen Film- und Fernsehlandschaft. In ihrer Wahlheimat Mallorca fühlt sich die Wienerin angekommen. Sie eröffnete in Portixol ihr eigenes Restaurant. Im Interview spricht sie erstmals über den langen Weg ins Glück – und was sie vor der Öffentlichkeit lange verbergen konnte: ihre jahrelangen schweren Depressionen nach dem Kampf um das Leben ihres Sohnes Lee Oscar.
Sie haben vor einigen Jahren Ihr Restaurant „Ca‘n Punta“ in Mallorca eröffnet. Was hat sich in Ihrem Leben seither verändert?
Früher hatte ich die Verantwortung nur für mich und meine Familie, jetzt habe ich sie auch für zehn Mitarbeiter, was mir zwischendurch schon Angst gemacht hat. Meine Gefühle reichten von Stolz bis zu totalen Panikattacken. Meine Mitarbeiter sind alles Männer, mit denen ich arbeiten, gegen die ich mich durchsetzen, die ich kritisieren, aber auch bestärken muss. Ich habe dabei gelernt, dass Autorität nicht laut sein muss. Auch die Gastronomie ist eine kleine Bühne, auf der eine Choreografie stattfindet – so wie bei „Let’s Dance“.
Als Schauspielerin sind Sie es gewohnt, dass man Sie hofiert und alles für Sie regelt. Nun mussten Sie anpacken. Hatten Sie viele schlaflose Nächte?
Ganz viele sogar! Ich bin zwischendurch nachts um vier, halb fünf Uhr morgens aufgewacht – mal mit stolzer Brust, mal mit wirklicher Angst. Ich wurde anfangs als Frau in der Gastronomie nicht ernst genommen, ich musste mir erst sehr viel Respekt aufbauen. Als Schauspielerin habe ich eine Agentur, die meine Preise verhandelt, die meine Verträge macht – und nun musste ich plötzlich Preise verhandeln, und das auf Spanisch. Ich wurde von meinen Lieferanten und von meinen Mitarbeitern nicht mit Samthandschuhen angefasst. Ich habe ihnen lange Zeit auch nicht erzählt, dass ich Schauspielerin bin.
Wenn du über 50 bist, und du wirst mit Erotik und Attraktivität in Verbindung gebracht, stört es dich nicht mehr, ganz im Gegenteil. Mit 30 dachte ich mir: Ich habe noch so viele andere Seiten – und keiner sieht die.
Was macht Ihr Restaurant besonders?
Wir haben eine kleine, internationale Karte mit absolut hoher Qualität, auch viele biologische Speisen. Ich esse für mein Leben gern, und ich liebe eine ehrliche Küche. Wenn ich eine Pasta serviere, dann kann es vielleicht die einfachste Pasta der Welt sein, aber ich will, dass da Qualität auf dem Teller liegt. Die gute Küche beginnt beim Einkauf.
Fiel es Ihnen anfangs schwer, die Kalkulation zu machen?
Ganz schwer. Ich dachte, das schaff ich nie. Ich hatte zum Teil bei Proben fürs Theater Hunderte Zettel mit Zahlenkolonnen in meinem Hotelzimmer aufgelegt. Ich habe in meinem Restaurant alles gemacht. Ich habe Teller abgewaschen, ich habe die Bar gemacht. Ich hatte anfangs Albträume und extreme existenzielle Ängste. Aber jeder Gast, der rausging, war happy. Er war surprised: „Wow! Das hier, das hätten wir jetzt nicht erwartet!“ Durch Mundpropaganda bekamen wir dann immer mehr Stammgäste.
In Deutschland kämpfen viele Schauspieler um halbwegs gut dotierte Jobs. Viele TV-Sender sparen radikal bei den Gagen. Ist das Restaurant auch eine Absicherung?
Ja, doch ich darf mich noch immer zu den Leuten zählen, die als Schauspielerin arbeiten können. Doch die Art und Weise, wie heute im Filmgeschäft verhandelt wird, ist fast wie Unzucht mit Abhängigen. Das ist zum Teil unanständig. Ich wollte immer ein zweites Standbein haben. Etwas, das mich glücklich macht, nicht nur fürs Portemonnaie, sondern auch für mein Herz. Ich habe sehr früh mein Leben so gestaltet, dass ich meine monatlichen Kosten so niedrig wie möglich halte. Das teuerste in meinem Leben war die Ausbildung meiner Kinder.
Was bei Ihrer Tochter Janina extrem schwer gewesen sein muss: Sie ist jetzt 30, das heißt, Sie haben sie mit 21 Jahren bekommen, kurz bevor Sie mit Robert van Ackerens Film „Die Venusfalle“ über Nacht zum Star wurden.
Das hat mir große Angst gemacht. Es hat mich aber auch elektrisiert. Ich fand es spannend, aber auch absurd, ich dachte mir: Das nimmst du mit, solange es gut geht.