Understatement gehört zu seinem Lifestyle ebenso wie zu seiner Musik. Die viergeschossige Villa westlich von Palma mit atemberaubendem Blick auf das Meer ist dezent in Weiß und Grau gehalten, zwei riesige Terrassen laden zum Entspannen in beigen Designermöbeln ein. Der große Swimming Pool auf Ebene der Schlafzimmer wird gerade gereinigt, der Garten umgebaut, neue Palmen werden gesetzt. Wer das private Reich von Parov Stelar betritt, merkt, dass der Besitzer ein sehr gutes Auge für Design und Kunst hat. Das Interieur ist gediegen, clean, ästhetisch.
Parov Stelar, bürgerlich Marcus Füreder, Weltstar des Electroswing, hat uns zu sich nach Hause eingeladen. Eine Premiere, denn normalerweise hält der smarte Oberösterreicher sein Privatleben bedeckt: „Ich freue mich, wenn die Menschen zu meinen Konzerten kommen, aber ich bin heilfroh, dass mich kaum jemand auf der Straße erkennt.“
Parov Stelar ist ein Phänomen. Er ist der einzige lebende Musiker aus Österreich mit internationaler Relevanz. Seine Konzerte rund um den Globus – von London, Berlin bis New York – sind praktisch immer ausverkauft, Millionen Fans lieben seine Musik, bei der er Swing und Blues-Elemente der 1920er- und 30er-Jahre mit elektronischen Beats vermengt. Über 150 Millionen Mal wurden seine Songs auf YouTube abgerufen, eine Million Fans folgen jedem seiner Schritte auf Facebook. Das Besondere an Parov Stelar: der allürenfreie Künstler hat es geschafft, ein intellektuelles Publikum ebenso zu begeistern wie Fans von Dance- und House Music. Selten hat man in Zusammenhang mit Musik das Wort „Kult“ so häufig gehört wie im Kontext mit seiner Person. Dabei hätte Parov Stelar eigentlich bildender Künstler werden wollen – eine Leidenschaft, die ihn bis heute verfolgt.
Sie haben Angewandtes Design in Wien studiert und zunächst als Grafiker gearbeitet. Wann wussten Sie: Ich will Musik machen?
Das war ein sehr fließender Übergang. Es war keine Entscheidung, die man trifft, so wie ich meine Frau Barbara gefragt habe: „Willst du mich heiraten?“
Nach wie vielen Jahren haben Sie Ihrer Frau diese Frage gestellt?
Nach sieben Jahren. Mit der Musik ist es schleichend gegangen. Es war ein Virus, der mich erwischt hat und plötzlich merkte ich, dass ich schon viel mehr Zeit mit der Musik als mit Grafik oder Kunst verbringe. Ich habe mein Geld damals mit Werbegrafik und Malerei verdient und damit auch mein Studium finanziert, doch irgendwann ist dann die Techno-Welle gekommen. Ich habe Flyer produziert und bin so immer bei freiem Eintritt in die Konzerte reingekommen. Da war plötzlich eine Bewegung, etwas völlig Neues. Es war so beeindruckend, dass ich das unbedingt machen wollte.
Sie wurden DJ. Stimmt es, dass Sie kein Instrument beherrschen?
Ja. Ich bin schon relativ schnell zum Sampling gekommen. Das hat mich eigentlich am meisten fasziniert, aus bestehenden Klängen etwas komplett anderes zu transformieren. Die DJ-Ecke hat mich anfangs nicht so sehr fasziniert. Das ist eigentlich aus einem Übel heraus entstanden, weil immer mehr Anfragen gekommen sind. Ich bin ja nicht so der Typ, der da gerne oben auf der Bühne steht und sich feiern lässt. Ich sitze eigentlich lieber in meinem Studio.
Sind Sie introvertiert?
Ich glaube nicht. Aber ich bin sehr vorsichtig in meiner Extrovertiertheit, denn wenn man den Mund weit aufreißt, ist die Gefahr schnell da, dass man scheitert, wenn es nicht gerade zu deinem Konzept gehört wie bei Falco. Diese Bühnenfigur hab ich für mich nie erschaffen, weil für mich Arbeit und Privatleben eigentlich immer untrennbar gewesen ist. Es hat nie den Zeitpunkt gegeben, wo ich sagte: „Der Parov geht von der Bühne runter und ist jetzt wieder der Marcus“.
Gab es Künstler, die Sie damals inspiriert haben?
Ja, sehr viele sogar. Stefan Sagmeister zum Beispiel (Anm.: einer der bekanntesten Grafikdesigner der Welt, siehe Porträt in OOOM 00/2015), der sich für ein Bild sogar eine Grafik auf seine Brust eingeritzt hat. Das sind für mich einfach Vorreiter gewesen. Oder Neville Brody, der damals das Redesign des ORF gemacht hat. Dann hat es noch David Carson gegeben. Kunst war für mich immer Pop-art-lastig. Mir haben diese frühen Arbeiten – ob das Roy Lichtenstein war oder auch Andy Warhol – sehr gefallen.
Versuchen Sie auf Tournee Museen zu besuchen?
Ich bin kein großer Fan von Museen, lieber mag ich Galerien. Ich finde, dass Kunst am schönsten dort präsentiert wird, wo sie auch entsteht, nämlich in den Ateliers. Kunst wird in einem Museum immer aus dem Zusammenhang gerissen. Das kann auch einen positiven Effekt haben, denn wenn ein schlechtes Bild eine hundert Quadratmeter weiße Wand mit einem Spot darauf bekommt, wird es besser wirken, als es tatsächlich ist.
Kontrollieren Sie genau Ihre Wirkung? Sind Sie ein Kontrollfreak?
Mein Büro sagt ja. Kann sein. Aber ich glaube, Kontrolle beinhaltet ja eigentlich nur Überzeugung. Wenn ein Künstler von einem Weg wirklich überzeugt ist, dann sehe ich keine Notwendigkeit, diesen zu verlassen.