Überwiegt die Traurigkeit oder hat es auch seine guten Seiten, wenn man unerwartet aus der Bahn geworfen wird?
Es ist wie eine Chance, die man erst später ergreift. Die Reaktionen der Menschen waren so unglaublich, was sie gesagt haben. Es war überwältigend. Wenn es etwas Gutes hat, dann, dass wir verstanden haben, was für ein Geschenk unsere Reise war, jeder Tag Training und jeder einzelne Tanz. Was bleibt, ist unsere Freundschaft, die gewachsen ist. Das war, was ich so schön fand. Ich habe so viel lernen dürfen, zum Beispiel, dass du immer gegen dich selbst antrittst, nicht gegen andere.
Wann ist die Verletzung passiert?
Am Freitag vier Stunden vor der Show – zur Schicksalssymphonie Beethovens. Es ist mitten in einer ganz normalen Schrittfolge passiert. Mein Tanzpartner ist einfach in meinen Armen weggesackt. Es war erstmals kein Arzt verfügbar. Doch es war schon bald klar, dass es ein Muskelriss ist, mit dem man nicht weitertanzen kann.
Die Entscheidung, nicht mit jemand anderem ins Finale zu ziehen, war für Sie klar?
Ich habe in meinem Herzen schon die Antwort gekannt, obwohl vom ORF noch alle Optionen überdacht wurden. Was wir hier getanzt haben, dass eine Million Träume die Welt verändern können, ist das, woran wir glauben. Das soll ich jetzt mit jemand anderem tanzen? Ich wäre mir immer wie ein Verräter vorgekommen. Es war eine großartige Reise. Und ich glaube: Das war erst der Anfang – nicht das Ende.
Dancing Stars ist eine Charakterprobe. Du bist ab der ersten
Sekunde mit dir selbst konfrontiert. Ich bin aus den ersten Trainings weinend raus, weil es mich so befreit hat.
Über ihre Erfahrung mit der ORF-Show
Was nehmen Sie für Ihr Leben mit?
Das, was „Dancing Stars“ ist, ist keine Tanzshow, sondern vielmehr eine Charakterprobe. Man geht rein und ist ab der ersten Sekunde – auch durch die gefilmten Trainings – mit sich selbst konfrontiert. Ich bin aus den ersten Trainings weinend raus, nicht weil es so schlimm war, sondern weil es mich so befreit hat. Tanzen hat mich befreit, als ich neun Jahre alt war. Jetzt passierte mir das über 30 Jahre später wieder. Ich konnte mit der Hilfe von einem sehr guten Trainer, Coach und mittlerweile Freund an meiner Seite wieder ich selbst sein. Ich hab versucht, keine Rolle zu spielen, was gar nicht so einfach ist. Du musst du selbst als Person sein. Die größte Lehre, die ich von ihm mitbekommen habe, ist: Du bist genau so, wie du bist, gut genug. Ich hatte das Glück, einen Tanzpartner zu haben, mit dem ich unendlich viele Berührungspunkte hatte. Charakterlich sind wir sehr ähnlich.
Es war für Sie eine spannende Reise zu sich selbst?
Man ist in meinem Beruf so oft ein Einzelkämpfer. Gerade in dem Job als Schauspieler wird einem vermittelt: Ihr seid alle Konkurrenten! Das war hier völlig anders. Die Welle der Sympathie und Liebe zu uns als Tanzpaar war enorm, auch während der ganzen Sendungen. Wir hatten so viel Begeisterung wie zwei Sechsjährige, die einfach nur lachen, trainieren und Spaß haben. Es war diese Leichtigkeit, die uns da durchgetragen hat. Wir waren nie verbissen, wir haben trotzdem immer unser Bestes gegeben.
Sie drehen jetzt bald wieder die nächste Staffel von „SOKO Donau“.
Wir drehen bis auf zwei Wochen den ganzen Sommer durch. Wir haben dieses Jahr aber nur 13 Folgen, deshalb konnte ich auch „Dancing Stars“ machen. Ich habe gemerkt, dass mir etwas wirklich viel bedeutet hat: Die unendliche Kreativität, weil du musst unter Druck kreativ sein. Diese kreative Energie möchte ich gerne mitnehmen. Ich habe mit Florian zwei Projekte in Planung, die wir gerne machen möchten. Und ich habe ihm versprechen müssen, dass ich nie wieder mit dem Tanzen aufhöre, weil so viel Liebe für mich da drinsteckt. Auch mein Körper hat sich sehr verändert, ich habe acht Kilo abgenommen. Diese neue Energie habe ich durchs Tanzen bekommen. Ich möchte unbedingt auf diesem
Profi-Niveau weitertanzen.
Sie haben mir zu Beginn erzählt, Sie sehen Ihre Performance auch als Chance, Gehör für jene nachhaltigen Projekte zu finden, die Ihnen am Herzen liegen.
Wir haben es geschafft, Themen wie Jane Goodalls Engagement (Anm.: Die Verhaltensforscherin setzt sich für Schimpansen und den Erhalt natürlicher Lebensräume, der Umwelt und unseres Planeten ein) einen Platz in der Show zu geben. Und wir haben eine wichtige Botschaft gesendet: Dass Menschen wichtiger sind als ein Preis.
Wie setzen Sie Nachhaltigkeit in Ihrem persönlichen Leben um?
Das Wichtigste als Mensch in der Öffentlichkeit ist, dass man die Stimme immer wieder zu diesen Themen erhebt. Ob man das Klimavolksbegehren unterstützt oder Kampagnen für Greenpeace oder Global 2000: Ich helfe immer wieder Organisationen, die mir wichtig sind, natürlich auch dem Jane-Goodall-Institut. Wir müssen endlich begreifen, dass diese Welt unseren Kindern gehört und nicht uns. Wir hatten in den letzten Monaten zahlreiche Autogrammstunden, und was mir vor allem Kinder und junge Leute immer wieder gesagt haben war: „Lilian, wir finden es so toll, dass du dich für die Umwelt einsetzt!“ Das hat mich sehr berührt. Jeder von uns kann jeden Tag eine richtige Entscheidung fällen.
Jeder von uns kann jeden Tag eine richtige Entscheidung fällen. Wir müssen alle aus der Ohnmacht raustreten. Jeder kann ein Aktivist sein.
Über ihren Einsatz für unseren Planeten und eine nachhaltigere Welt
Wie sieht diese richtige Entscheidung in Ihrem Alltag aus?
Ich habe mich z.B. entschieden, ausschließlich Pfandgläser zu kaufen, was eine Challenge war, und reduziere alle Verpackungen so gut es geht. Dass man recycelt, nicht alles neu kauft, dass man Second Hand sucht auf Plattformen wie willhaben und auch nicht alles achtlos wegschmeißt. Und dass wir auch unseren Kindern beibringen, wie man etwas reparieren kann: Reduce, reuse, recycle. Wir müssen zur Antiwegwerfgesellschaft werden. Ich schleppe immer meinen Rucksack mit, alle lachen, weil der so schwer ist, aber da sind mehrere Gläser mit Essen und Getränken drin, damit ich keine Plastikflaschen und -becher am Set nehmen muss.
Wieweit muss auch die Politik endlich handeln?
Natürlich ist das wichtig, weil die Leute den Kopf gerne in den Sand stecken und hoffen, dass die große Erlösung von oben kommt. Das wird nicht passieren. Wir müssen alle aus der Ohnmacht raustreten. Jeder kann ein Aktivist sein. Das ist der Punkt. Immer zu glauben, meine Entscheidung ist zu klein, um Einfluss zu haben, ist der falsche Weg.
Fotos: Roland Unger für OOOM, Petra Kamenar für OOOM, ORF
Location Aufmacherbilder: Messe Wien