Die Stars der Modebranche liebten vor allem eines: ihre Coolness. Die hat Michaela Schwarz-Weismann, 47, bis heute nicht abgelegt. Auch ihre Werke vermitteln eine sanfte Ruhe und Schönheit, die eine innere Gelassenheit und Sicherheit der Künstlerin widerspiegeln.
„Das Malen war in unserer Familie sehr präsent. Ich war von Malerei umgeben“, erzählt die Tirolerin, deren erste Berufung als Model sie rund um den Globus führte. Ihre Eltern, im Brotberuf beide Ärzte, aber auch die Verwandtschaft war nicht nur kunstinteressiert, sondern auch künstlerisch aktiv. Viele Stunden verbrachte Michaela mit ihrem Großvater beim gemeinsamen Malen in der Natur, der Holz-Ölmalkasten, den ihr ihre Eltern zum zwölften Geburtstag geschenkt haben, wurde zum wichtigsten Begleiter.
Die große Blonde. Die Malerei war zwar ihr Leben, dennoch entschloss sich die große Blonde vorerst auf Anraten der Eltern einen Weg zu gehe, der mehr Sicherheit versprach. Das Studium der Architektur an der Universität für angewandte Kunst schien passend, doch nach zwei Jahren folgte der Call ins Modelbiz und Michaela, die mit ihrer Studienwahl höchst unglücklich war, folgte bereitwillig dem Ruf auf die internationalen Laufstege. Ihr frischer, moderner Look kam gut an. Die französische Vogue, was in Modelkreisen einer Adelung gleichkommt, buchte sie für Fotostrecken, Jil Sander und Missoni schickten sie über den Laufsteg und Trussardi und Lacroix wählten sie als Gesicht für ihre Kampagnen.
Nach vier Jahren aber war für sie “die Luft draußen”. Der Ruf des Herzens wurde stärker, das ständige Reisen und das viele Alleinsein immer unerträglicher. Schwarz-Weismann ließ den Flieger in die Modelstadt New York alleine fliegen und beendete lieber ihr Studium der Architektur und des Produktdesigns mit Auszeichnung. Noch heute berührt ihre Diplomarbeit viele Menschen: in der Kapelle der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ist das „schwebende Tischtuch“ zu sehen, das die Erinnerung an einen Tisch darstellen soll, den es nicht mehr gibt.
Vom Catwalk zum Royal Art College. Auf dem Royal Art College in London, wo Schwarz-Weismann ihr Masterstudium absolvierte, blühte die Künstlerin, die Klimt, Schiele und Caravaggio liebt, auf. Dort seien ihre Arbeiten plötzlich wertschätzend behandelt worden: „Es ging darum, die positiven Aspekte zu sehen und zu überlegen, was man daraus entwickeln könnte. Es war ganz anders als in Wien.“
Noch heute denkt sie mit Grauen an ihre Studienzeit in Österreich zurück: „Wahrscheinlich hat sich das mittlerweile geändert, aber die Universität für Angewandte Kunst war damals nicht stärkend für mich. Es war eine Machowelt, ein männerdominierter Ort mit cholerischen Professoren, in dem ich mich nicht richtig entfalten konnte. Davon musste ich mich erst erholen.“
Hat dieses Erlebnis Ihre jetzige Arbeit beeinflusst? War das der Grund, warum Sie Männer am liebsten in den Tiefschlaf versetzen möchten?
(lacht) Es gibt viele Bausteine, die mich dorthin geführt haben. Dieses Thema Mann, Frau ist ein sehr großes. Mich hat immer beschäftigt, wie man sich als Frau in dieser Welt findet: Wieso denkt man so, wie man als Frau denkt? Wie muss man sich behaupten, wie schafft man es, ernstgenommen zu werden? Meine Mutter ist eine sehr emanzipierte Frau und hat mich sehr beeinflusst. Mit 15 Jahren habe ich mein erstes Simone de Beauvoir-Buch gelesen. Diese Frau hat mich fasziniert. Durch ihr Buch „Das andere Geschlecht“ ist für mich vieles aufgeschlüsselt worden, ganz nach ihrem Leitsatz „Man wird nicht als Frau geboren, sondern wir werden zur Frau.“ Die Gesellschaft macht uns zur Frau. Durch die Beschäftigung mit ihr hat sich mein Interesse für das Thema entwickelt.
Der Moment, als Trump Präsident wurde, war so deprimierend, dass ich begann schlafende Männer zu malen.
Ihr Werk dominiert schlafende Männer.
Die schlafenden Männer sind ein Thema, das mich seit zwei Jahren beschäftigt. Es war die Zeit, in der Donald Trump Präsident wurde und bei uns war gerade der Van der Bellen-Hofer Wahlkampf. Dieser Moment war so deprimierend und frustrierend, da kam in mir der Impuls, schlafende Männer zu malen.
Warum schlafend?
Ich hatte das Gefühl, dass sich alles beruhigen sollte und es an der Zeit wäre, Platz für Neues zu schaffen. Der Gedanke war da, dass sich die Welt neu organisieren muss, weg vom patriarchalen-kapitalistischen Denken, in dem es immer nur darum geht, noch mehr zu erobern, hin zu einem regenerativen Konzept. Der Schlaf ist die Antithese zum Kapitalismus. Der Schlaf ist der Moment, in dem man nichts konsumieren kann, kein Marketing betreiben kann, niemanden unterdrücken kann, keine Kriege führen kann, in dem Ressourcen gespart und regeneriert werden. Der Schlaf als absolut reiner Moment.