Hat man Sie als Amerikanerin willkommen geheißen, beim Aufbau eines neuen demokratischen Irak zu helfen?
Früher bin ich den Irakern nur während der Offensiven im Gefängnis begegnet. Überzugehen zu einem kollegialen Treffen und einem gemeinsamen Brainstorming war sehr berührend. Leute sagten: „Danke, dass ihr Saddam für uns losgeworden seid!“ Aber im selben Atemzug auch: „Und wann könnt ihr endlich dafür sorgen, dass wir wieder Strom haben?“ Also es herrschte ein Gefühl echter Offenheit, Wärme und Freundlichkeit, aber natürlich wurde man als Besatzungsmacht auch für all jene Dinge verantwortlich gemacht, die schief liefen.
Warum haben Sie das Euphrates-Institut gegründet, als Sie 2005 zurückkamen?
Im Irak haben wir immer auf Dinge reagiert, es war eine krisengetriebene Mentalität. Niemand hatte Zeit, groß über Veränderungen nachzudenken. Durch meine eigene Erfahrung, den Leuten auf persönlicher Ebene zu begegnen und welche Auswirkungen das auf die irakische Politik und die amerikanische Führung hatte, habe ich gemerkt, dass ich es anders machen wollte. Mir schwebte diese Vision des „Turning the other into a brother“ vor. Mein erstes Ziel war es, die Beziehungen zwischen den beiden globalen Kerneinheiten, dem Nahen Osten und dem Westen, bzw. Christentum und Islam, zu verbessern. Es muss aus den Köpfen der Menschen heraus, dass alle Araber Terroristen oder alle Muslime gewalttätig sind. Wenn wir dieses Verständnis in die breitere Öffentlichkeit tragen würden, könnten wir die kollektiven Beziehungen verbessern, und das könnte sich auf die ganze Welt auswirken. Das war das Ziel. Und ich habe das Potenzial dafür weder bei der Regierung noch bei anderen Personen für möglich gehalten. Also begann ich gleich nach meiner Rückkehr mit meinem eigenen Euphrates-Projekt und habe alle meine Ersparnisse hineingesteckt.
Ihr Institut unterstützt sogenannte Peacebuilder oder Friedensbotschafter, die vor Ort ansässig sind. Es geht also mehr darum, von innen zu wirken, als von außen Einfluss zu nehmen.
Wir versuchen sehr in Form einer Grassroot-Bewegung zu agieren. Viele Menschen wollen etwas in ihrer eigenen Gemeinschaft verändern und von einer konfliktorientierten zu einer friedensorientierten Denkweise gelangen, aber haben das Gefühl, vor großen Hindernissen zu stehen oder komplett auf sich alleine gestellt zu sein. Als Gemeinschaft können wir diese Menschen ermutigen, sie unterstützen, sowohl Ausbildungen als auch finanzielle Unterstützung anbieten. Aktuell sind wir in 15 Ländern mit ca. 30 Projekten aktiv. Im Kernteam sind 5 Leute, die von Amerika aus die Gemeinschaft der Peacebuilder steuern und dafür sorgen, dass diese in ihren Ländern effektiv und zielgerichtet arbeiten können.
Was sind typische Projekte, die da passieren?
Unser Friedensstifter in der Elfenbeinküste war der Einzige, der einen Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Stämmen versöhnlich lösen wollte. Eine junge Frau aus Indien wollte den Unruhen in ihrer Gegend friedensstiftend entgegentreten. Sie fühlte sich wahnsinnig entmutigt. Doch durch die Unterstützung aus den USA und anderen Peacebuildern wie aus dem Kamerun konnte sie wieder Hoffnung schöpfen. Jedes Jahr vergeben wir auch den Euphrates Visionary of the Year Award. Dabei geht es darum, den Finger am Puls dessen zu haben, was in diesem Jahr in der Welt vor sich geht. In dem Jahr, in dem der Syrische Krieg und die Flüchtlingskrise stattfanden, haben wir uns auf Syrien konzentriert. Wir hatten eine junge Frau gefunden, die Schulen für syrische Flüchtlinge gegründet hat, und haben sie in den Fokus gerückt.