Sie wollten sich in Ihrer Wohnung erschießen?
Wenn ich das heute erzähle, wird mir direkt schlecht vor Dummheit. Ich wollte keine Sauerei hinterlassen. Das heißt, ich hab mir an unserem Esstisch mit so Schraubzwingen die Pumpgun eingerichtet. Hinter mir war die Wand, da dachte ich mir: Die wird dann auch ganz dreckig. Also habe ich eine Plastikplane aufgehängt, um dann über eine Umleitung den Abzug zu drücken. Ich wollte mir auch nicht ins Gesicht schießen, das ist ja grauslich, sondern ins Herz. Ich hab es schließlich doch nicht gemacht. Ich dachte: Den Gefallen tue ich ihnen nicht.
War das Outing der wichtigste Schritt in Ihrem Leben?
Genau genommen ja. Es hat ein paar wichtige Weichenstellungen in meinem Leben gegeben, aber das war jene, die alles verändert hat. Ich habe drei-, viertausend Briefe bekommen, die liegen jetzt alle im Archiv. Ich bin auf zwei-, dreihundert Veranstaltungen aufgetreten. Nur aus der Schwulenszene habe ich Gegenwind bekommen.
Neid?
Ich vermute. Weil ich etwas geschafft habe und nicht zu Schaden gekommen bin. Die Schwulen-Szene ist ja auch ein bisschen mit Eitelkeit behaftet, da haben sie dann angefangen: „Der will sich wichtigmachen, wahrscheinlich reißt der im Fernsehen nichts mehr.“
Wie haben Sie Ihren jetzigen Mann Gerald kennengelernt?
Im Lokal „Chamäleon“ in Wien. Er stand links von der Tür, ein großer Blonder. Und ich dachte mir noch: „Das auch noch.“ Jetzt bin ich grad aus einer Geschichte raus und nun das. Ich bin an der Bar gesessen, und auf einmal stand er neben mir. Ich fragte ihn: „Haben Sie sich noch niemanden gefunden da drin?“ Er antwortete: „Doch.“ Und zeigte auf mich. So war‘s. Er ist 20 Jahre jünger als ich. Er geht auf die 60 zu, ich bin 82. Ein 30-Jähriger und ein 50-Jähriger – das geht. Aber 60 und 80, da wird’s schon wieder heikel. Aber wir sind überglücklich, es sind jetzt fast 20 Jahre vergangen, seit 2010 leben wir auch in eingetragener Partnerschaft. Gerald ist jetzt 59 und arbeitet bei Reintegra, wo Leute mit psychischen Erkrankungen einen geschützten Arbeitsplatz haben. Früher war er Croupier bei den Casinos.
Sie sind im August 1999 in Rente gegangen. Was hat sich in Ihrem Leben seitdem getan?
„Tohuwabohu“ im ORF, ein Film, eine Gastrolle, ein paar Bücher. Der Abschied vom ORF fiel mir sehr leicht. Die Intendantin Kathrin Zechner hat uns klipp und klar gesagt, die Unterhaltungsabteilung ist ab jetzt eine Durchführungsabteilung. Sie hat sich verpflichtet gefühlt und die ganzen deutschen Formate eingekauft, wir sind frustriert herumgesessen. Immer wieder hieß es: „Von euch kommt eh nichts.“ Daher fiel mir eigentlich der Abschied aus dem ORF sehr leicht. So gesehen muss ich fast dankbar sein. Ich bin jetzt knapp 82, ich hab Prostatakrebs hinter mir, das ist jetzt zwölf Jahre her.
Sie haben extrem viel für die LGBTQ-Community in Österreich getan. Worum geht es jetzt noch?
Es gibt einen Punkt im österreichischen Gesetz, das ist die Diskriminierung am Arbeitsplatz, die ist noch nicht behoben. Das heißt: Du darfst am Arbeitsplatz als Schwuchtel diskriminiert werden und hast keine Chance, das irgendwie einzuklagen.
Bereitet Ihnen heute noch etwas Angst?
Die einzige Angst, die ich in Österreich habe, ist, dass die Blauen wieder in den Vordergrund kommen aufgrund der Schwäche der Türkisen. Weil 30 Prozent von denen, die den Kurz gewählt haben, fallen schon wieder ab in die Gruppe derer, die schon noch gern das Mittelalter aufrechterhalten würden.
Fotos: Roland Unger