Eine Philosophie in jedem Tun. „Wenn die Leute kommen und meine Weltkugelinsel mieten wollen, dann sage ich ihnen, dass sie bitte sorgfältig damit umgehen und darauf aufpassen müssen. Nicht nur auf meine kleine Welt hier auf dem Boot, sondern auch auf die große da draußen“, so Mai. Die Inseln sind für Dr. Mai ein Symbol für den Kampf um die Bewusstseinsbildung. Mit 61 habe er bereits viel erlebt und mitgemacht, nun gehe es ihm darum, die Welt ein Stückchen besser zu machen und zu zeigen, wie man sie retten könne, wenn man denn wirklich wolle. Richtig emotional wird der Erfinder, wenn er an die großen Weltmeere denkt: Leergefischt, verdreckt und vermüllt, Tiere, die Plastikmüll im Magen haben. „Der Mensch kann nicht in seinem kannibalistischen Kapitalismus die Erde weiter ausbeuten,“ protestiert er. Dass es eines kleinen Virus bedarf, damit endlich keine Kondensstreifen mehr am Himmel sind oder Smogglocken über den Städten hängen, ist für ihn bezeichnend. Aber aufgeben will er trotzdem nicht. Seine Ideen sollen beim Menschen ankommen. Er will nicht nur Boote anbieten, sondern auch eine Philosophie.
Die Kontinente sind maßstabsgetreu, der Tisch ist der Erdmittelpunkt. Hier herrscht Liebe ins Detail.
Leichter, schneller, länger – grüner. Geht es nach Dr. Martin Mai ist die Technik in einem neuen Zeitalter angelangt. Nach Holz-, Stahl- und Kohlezeitalter haben wir nun das Solarenergie- und Kompositzeitalter erreicht, wo man sich zwar die Annehmlichkeiten von Infrastruktur und Transport nicht mehr nehmen lassen will und kann, aber nach grüneren Alternativen sucht. Ressourcenschonung lautet das Motto. Recyceltes Plastik, Hanffasern statt Glasfasern. Statt Polyesterharz gibt es Epoxidharz, sogenanntes Greenpoxy, das zu 56% aus Gemüseöl gewonnen wird. Aus PET-Flaschen wird Strukturschaum gemacht, der mittlerweile auch in Rennautos oder im Flugzeugbau Verwendung findet. Mit dieser Öko-Komposit-Methode ist Dr. Mai Vorreiter in Österreich. Lediglich die Hülle der Weltkugel ist aus fossilem Kunststoff, weil sie schuss- und bruchsicher ist. An sich habe er ja nichts gegen Kunststoff, aber richtig eingesetzt, entsorgt und recycelt müsse er werden. Dann ist es im Einklang mit der Natur und ihren Kreisläufen. Auch beim Antrieb geht der 61-Jährige einen Schritt weiter. Moderne Elektro-Synchronmotoren haben einen geringen Wärmeverlust, lediglich 4% gehen an Wirkungsgrad verloren, was gegenüber herkömmlichen Motoren eine Verbesserung von 11% darstellt. Damit fährt das Boot länger und braucht trotzdem weniger Leistung.
Ich bitte meine Gäste auf die Welt aufzupassen. Nicht nur auf die kleine auf meinen Inselbooten, sondern auch auf die große da draußen.
Erfindergeist. Seit Kindesbeinen an war Dr. Mai vom Wasser fasziniert. Ein Schiffsarchitekt, der seinen Jugendtraum verwirklicht hat, so beschreibt er sich selbst. Die Familie sei zu groß gewesen, um sich ein fertiges Boot leisten zu können, also haben seine Brüder und er schon früh mit Drehbank, Hobelmaschine und Schweißgerät hantiert, um sich aus einer vom Vater angeschafften Rohschale ein eigenes Boot zu basteln. Dankbar ist er dafür jeden Tag, denn so hat er sich das Handwerk beigebracht, nicht nur die Ideen auf dem Blatt Papier nieder zu zeichnen, sondern sie auch selbst umzusetzen. Und die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus: Tiny Houseboats, Wasserfahrräder, Amphibienfahrzeuge, Ökosolar-Hotelboote, isolierte Passivhaushütten für die Dritte Welt – das alles steht noch auf Dr. Mais To-Do-Liste. Die Prototypen hat er bereits gebaut.
Fotos: Roland Unger