Seine Physis wirkt, als wäre er gerade am Ende seiner 50er-Jahre angekommen. Durchtrainiert, mit stählernem Bizeps, kein Gramm Fett zu viel, stets mit einem Lachen im Gesicht. Während manche Kollegen der ORF-Show „Dancing Stars“ über das tägliche Training jammerten, war er auch nach drei Stunden am Stück munter und gut gelaunt.
Boris Bukowski, unglaubliche 75 Jahre alt, ist ein Phänomen. Er stammt aus einer Musikergeneration, die Sex, Drugs & Rock‘n‘Roll noch wörtlich genommen hat. Nun steht er da in einer Form, um die ihn um Jahrzehnte Jüngere beneiden. Bukowski, bescheiden: „Das Training war nicht so schlimm, wie ich mir gedacht habe. Ich hatte nie einen Muskelkater, weil ich gut in Form bin. Nur die Bewegungen sind andere als die bei meinem normalen Training.“ Die sportliche Herausforderung war das, was ihn gereizt hat, an der Show teilzunehmen, nicht das Tänzerische, das nie das Seine war: „Die meisten dort waren 35, 40 Jahre jünger als ich. Ich wollte wissen, ob ich da mithalten kann.“ Er konnte.
Stammersdorf. Wir sitzen in Boris Bukowskis Dachgeschoßwohnung in Wien-Stammerdorf. Sehr gemütlich, hell, freundlich, mit
Terrasse und Blick auf Wien. Im Wohnzimmer steht direkt neben seinem Schreibtisch eine schwarze E-Gitarre. Das Licht fällt durch das Dachfenster in den Raum. Ein Ventilator surrt und bringt die Blätter der Goldfruchtpalme zum Schwingen. An der Wand hängt eine Collage seiner Alben. Hier wohnt Bukowski mit seiner dritten Ehefrau Tereza und ihrem vierzehnjährigen Sohn aus erster Ehe, Leonard. Für ihn war er während des Corona-Lockdowns der „Homeschooling-Oberlehrer“. Das Verhältnis der beiden ist innig.
Auf der Dating-Plattform. 2012 haben Tereza und Boris einander auf einer Dating-Plattform kennengelernt: „Ich war gerade frisch geschieden. Meine zweite Ehefrau und ich waren 21 Jahre zusammen, aber nicht einmal ein Jahr lang verheiratet.“ Seine erste Ehe ging schon 1984 in die Brüche. Für sein Dating-Profil wollte er seinen echten Namen nicht nennen, auch Foto lud er keines hoch. „Ich wollte wissen, ob sich jemand für mich interessiert. Und siehe da, eine junge Dame, 29 Jahre alt, schrieb mir, dass sie ältere Männer mag.“ Auch ihr Foto war unscharf: „Sie war damals noch verheiratet, lebte aber vom Mann getrennt. Wir haben anfangs zwei, drei Wochen nur telefoniert, manchmal drei Stunden am Tag, so klasse und lustig, dass ich nur dachte: Supergeil!“ Erst dann haben die beiden einander in Wien getroffen „und es hat gleich gefunkt“. Nach eineinhalb Jahren Beziehung zog Tereza bei ihm ein. Bukowskis Tochter Nina hat in etwa das gleiche Alter wie seine Frau, trotzdem sind die beiden ein Herz und eine Seele: „Sie sagt über Tereza: Ich habe die beste Stiefmutter der Welt!“ Bukowski ist zweifacher Großvater, seine Enkel sind fünf und neun Jahre alt.
Sein dritte Frau Tereza lernte Boris Bukowski auf einer Dating-Plattform kennen. Sie studierte wie er Jus – und ist so alt wie seine Tochter.
Antrag im Jenseits. Den Heiratsantrag machte er ihr vor laufenden Kameras am 25. Oktober vor vier Jahren bei seiner Albumpräsentation im Tanzcafé Jenseits, im Mai 2018 waren sie am Standesamt. Bukowskis Frau Tereza studierte Jus wie er, musste aber wegen des Kindes, das sie bereits mit 23 Jahren bekam, ihr Studium abbrechen. Sie leitet heute die Kanzlei des prominenten Strafverteidigers Farid Rifaat.
Nach Corona und „Dancing Stars“ will Bukowski jetzt wieder vermehrt auf der Bühne stehen. Entweder mit seinem Duo-Programm, bei dem er mit einem Gitarristen seine größten Hits unplugged singt, daneben Anekdoten aus seinem autobiografischen Buch und aus seinem Musikerleben erzählt, oder mit seiner Band. „Viel zu steif“ sei er oft auf der Bühne, weiß er. Die ORF-Show half ihm, „meinen Körper besser beherrschen zu lernen und all die Muskeln einzusetzen, die ich noch nicht gekannt habe“. Pause. „Es ist nie zu spät zu lernen.“ Generell sind Musiker meist „miserable Tänzer“. Dass er heute so trainiert ist und für sein Alter unglaublich jung wirkt, sei das Ergebnis jahrelanger Überwindung und permanenter Selbstmotivation: „Nicht nur in puncto Fitness, sondern auch mental. Wenn dein Körper nicht wie ein Klumpfuß an dir hängt, bist du einfach besser drauf.“